Landespflege im Straßenbau
Aufgabe der Landespflege ist es, die ökologischen Folgen von Bauvorhaben zu untersuchen, wenn möglich zu vermeiden und mit geeigneten Kompensationsmaßnahmen gestörte Funktionen wiederherzustellen.
Planung
In der Planungsphase begleitet die Fachgruppe Landespflege die Projekte bis zur Baurechtsschaffung und untersucht, welche ökologischen Folgen ein geplantes Bauvorhaben hat. Dementsprechend werden Vermeidungs- und/oder Kompensationsmaßnahmen entwickelt.
Die einzelnen Planungsschritte setzten sich dabei zusammen aus:
Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
Beim Bau einer neuen Verkehrsfläche wie Straßen oder Radwegen (bzw. bei wesentlichen Änderungen an diesen) wird für eine wirksame Umweltvorsorge eine sogenannte Umweltverträglichkeitsstudie (kurz UVS) erstellt. In dieser UVS wird zunächst der Naturhaushalt im Gebiet umfassend ermittelt und beschrieben. Hierbei gilt es, den konfliktärmsten Korridor für die neue Straße zu finden. Im Zuge der UVS werden dann für alle sich aufdrängenden Varianten die relevanten Auswirkungen auf die Schutzgüter ermittelt, verglichen und bewertet.
Die Umweltverträglichkeitsstudie wird dabei nach den Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) erarbeitet. Ebenso ist das rheinland-pfälzische Landesgesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (LUVPG) zu berücksichtigen.
Im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz sind folgende Schutzgüter aufgeführt:
1. Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2. Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3. Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft
4. kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie,
5. die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.
FFH-Verträglichkeitsprüfung (FFH-VP)
Zum Schutz wildlebender Tier- und Pflanzenarten vor Beeinträchtigungen durch den Menschen sind auf europäischer und nationaler Ebene umfangreiche Vorschriften erlassen worden. Grundlage ist die sogenannte Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (kurz FFH-RL). Die FFH-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie haben das Ziel, einen europaweiten Lebensraumschutz sicherzustellen. Die so festgesetzten FFH- und Vogelschutzgebiete wurden in einem europaweiten Schutzgebietsnetz namens NATURA 2000 zusammengefasst.
Bei einem Bauvorhaben ist die Verträglichkeit des Vorhabens mit den jeweiligen Erhaltungszielen des Schutzgebietes zu prüfen. Dies wird in einer FFH-Verträglichkeitsprüfung (kurz FFH-VP) dokumentiert.
Jedes FFH-Gebiet im Einflussbereich einer Planung wird dabei intensiv auf seine Belastungsverträglichkeit durch die Inanspruchnahme von Fläche (u.a. Versiegelung) sowie Lärm, Luftschadstoffe (z. B. Stickstoff aus Abgasen) und Bodenverunreinigung (z. B. durch Streusalze) überprüft. Der Einflussbereich umfasst dabei nicht nur direkt überbaute Flächen, sondern kann auch Bereiche mehrere hundert Meter entfernt miteinschließen.
Artenschutz
Bei der Planung von Bauvorhaben wird neben der Berücksichtigung der internationalen Vorgaben aus FFH- und Vogelschutzrichtlinie auch überprüft, ob die Vorgaben aus dem nationalen Artenschutzrecht (BNatSchG und LNatSchG) eingehalten werden. So sind neben dem Tötungs- und Verletzungsverbot auch Störungs- und Schädigungsverbote für bestimmte wildlebende Tier- und Pflanzenarten zu beachten. Dies wird in einem Artenschutzgutachten dargelegt.
Soweit erforderlich, können Vermeidungsmaßnahmen und vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen das Eintreten sogenannter Verbotstatbestände verhindern (Mustertext Fachbeitrag Artenschutz). Letztere müssen deshalb kurzfristig wirksam sein (Leitfaden CEF-Maßnahmen), so dass bei erfolgreicher Umsetzung der Bau des Planvorhabens begonnen werden kann.
Projekte, die dennoch gegen die Verbote verstoßen, können nur mit einer Ausnahmeprüfung zugelassen werden. Mit der Ausnahme sind kompensatorische Maßnahmen (FCS-Maßnahmen) zu ergreifen.
Eingriffsregelung und Landschaftspflegerischer Begleitplan (LBP)
Mit Erreichen der Ebene der Entwurfsplanung wird von der Landespflege Planung der Landschaftspflegerische Begleitplan (kurz LBP) erarbeitet. Dieser dient der Berücksichtigung der Eingriffsregelung gemäß der rechtlichen Vorgaben u. a. des Bundes- und Landesnaturschutzgesetzes.
Die örtliche Bestandserfassung, die Bewertung des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes sowie die von dem Bauvorhaben ausgehenden Wirkungen auf Natur und Landschaft werden hierbei gegenüber der UVS deutlich verfeinert beschrieben.
Auf dieser Basis werden die absehbaren Konflikte analysiert und dementsprechende Vorkehrungen zur Vermeidung und zur Minimierung der Beeinträchtigungen im Sinne eines optimierten Straßenentwurfs festgesetzt.
Alle Konflikte und Maßnahmen werden in Text und Karten beschrieben. Zudem sind die geplanten Maßnahmen in Maßnahmenblättern erläutert.
Die wesentlichen Schritte und Besonderheiten eines Landschaftspflegerischen Begleitplans werden im „Leitfaden LBP“ (Leitfaden LBP ist noch in Bearbeitung) weiter beschrieben.
Ausführung
Zur Konkretisierung der Ausführung von Kompensationsmaßnahmen wird auf Grundlage des Landschaftspflegerischen Begleitplans (LBP) als anschließender Planungsschritt der Landschaftspflegerische Ausführungsplan (LAP) aufgestellt. Hier werden alle Maßnahmen der Landespflege dargestellt, um sie in der Landschaft fachgerecht umzusetzen.
Diese detaillierten Unterlagen beinhalten z.B. Bepflanzungspläne, zeitliche Vorgaben für den Bauablauf und Bautabuzonen (= hier darf nichts gebaut werden und u. a. ist beispielsweise auch das Überfahren mit einem Bagger oder das Abstellen von Baustoffen verboten).
Sie sind mit den anderen Fachgewerken (wie beispielsweise dem Tief- und Hochbau) frühzeitig abzustimmen und zu koordinieren. Um die vorgegebenen Entwicklungsziele für Kompensationsmaßnahmen erreichen zu können, sind außerdem Pflegepläne zur dauerhaften Unterhaltung festzulegen (siehe: Unterhaltung).
Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt vielfach durch Garten- und Landschaftsbaubetriebe oder auch ortsansässigen Landwirte. Die Betreuung der Baumaßnahme und der ausführenden Firmen sowie die Überprüfung der ausgeführten Arbeiten liegt ebenfalls im Zuständigkeitsbereich des Fachbereichs Landespflege.
Unterhaltung
Der Gesetzgeber schreibt vor, dass Kompensationsmaßnahmen im Sinne ihres Entwicklungsziels dauerhaft zu unterhalten sind (vgl. § 15 Abs. 4 BNatSchG).
Im Anschluss an die Herstellung und erste Entwicklungspflege ist der Bereich Unterhaltung dafür zuständig, Pflegepläne umzusetzen und laufend an aktuelle Gegebenheiten anzupassen. Zur Umsetzung zählen beispielsweise die Grünlandmahd, der Obstbaumschnitt, die Beweidung oder auch die Betreuung von Nistkästen und anderen Ersatzhabitaten.
Durch regelmäßige Kontrollen wird gewährleistet, dass die Entwicklungsziele erreicht werden.
Sind Störungen oder Ausfälle festgestellt worden, sind diese zu beheben (z. B. durch Nachpflanzungen). In besonderen Fällen, wenn das geplante Ziel nicht erreicht werden kann (z. B. aufgrund von zunehmender Trockenheit), ist die weitere Unterhaltung entsprechend anzupassen und das überarbeitete Pflegekonzept mit den Naturschutzbehörden neu abzustimmen.